Der Baustoff Glas I 23
2. 2.
2.4.1. Sicherheitsgläser müssen geplant und vorgeschrieben werden
Die Glasindustrie bietet eine große Palette von Gläsern mit Sicherheitseigenschaften an. Aus
naheliegenden ökonomischen Gründen werden jedoch, wenn keine Sicherheitsanforderungen
definiert sind, normale Floatgläser verwendet. Dies führt leider oft zu sicherheitsrelevanten
Missverständnissen mit gefährlichen Folgen. Eine seriöse Planung setzt daher zwingend eine
Nutzungsvereinbarung zwischen Architekt und Bauherrschaft voraus. In dieser werden neben der
Festlegung der Art der Nutzung der verschiedenen Gebäudeteile, die Sicherheitsanforderungen
(aktive und/oder passive) an die Verglasungen festgelegt. Die Nutzungsvereinbarung bildet die
Grundlage zur Bestimmung der erforderlichen Glasqualität zusammen mit dem Glasfachmann.
2.4.2. Auch die stärksten Gläser können brechen
Glas ist zwar ein hochfestes, leider aber sprödbrechendes Material. Der Werkstoff verhält sich
nahezu vollkommen elastisch und verfügt über keine Plastifizierungsmöglichkeiten, die es ihm
erlauben würden, Spannungsspitzen zu verlagern wie das etwa bei Metallen möglich ist. Diese
Eigenschaft macht Glas in einem gewissen Sinne „unberechenbar“. Es ist daher immer davon
auszugehen, dass Glas durch einen unvorhersehbaren äußeren Einfluss (z. B. Steinschlag oder
Hitzeeinwirkung, usw.) brechen kann.
Die Garantieleistungen des Glaslieferanten schließen daher in der Regel das Bruchrisiko aus.
Deshalb ist der Abschluss einer speziellen Glasbruchversicherung zur materiellen Deckung von
Glasbruchschäden üblich.
Um zu verhindern, dass bei einem Glasbruch Personen gefährdet oder gar verletzt werden kön-
nen, sollte in jedem Fall die Überlegung „was passiert bei oder nach einem Glasbruch?“, in die
Planung mit einbezogen und die notwendigen planerischen Vorkehrungen getroffen werden.
Oft kann durch den Einsatz von speziellen Verbundsicherheitsgläsern diesem Sicherheitsrisiko
Rechnung getragen werden.
2.4.3. Gläser sollten mit vernünftigem Aufwand ersetzt werden können
Die verbesserten physikalischen, statischen, konstruktiven und sicherheitstechnischen Eigen-
schaften, insbesondere aber Einfach- und Isoliergläser mit bis dahin undenkbaren Abmessun-
gen, erlauben dem Planer eine immense Gestaltungs- und Umsetzungsvielfalt, die oft bis an ihre
Grenzen ausgenutzt wird. Da Gläser aber nach deren Einbau, wie unter Punkt 2.4.2. erläutert,
durch unvorhersehbare äußere Einflüsse brechen oder ihre ästhetische Vollkommenheit (z. B.
durch Verkratzungen) einbüßen können, ist es unumgänglich, sich mit der Frage der Austausch-
barkeit der Verglasungen auseinanderzusetzen. Umsichtige Planer und Gestalter sorgen dafür,
dass einzelne Gläser jederzeit, auch nach Bauvollendung mit einem vernünftigen Aufwand er-
setzt werden können. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere auf eine einfache Montier- und
Demontierbarkeit sowie auf sinnvolle Zugänglichkeit (Zufahrt, Erreichbarkeit mit Kranausleger,
usw.) für die Ersatzverglasung gelegt werden. Auch dieses Detail gehört zum nachhaltigen Bauen
und Planen.