Die Basis ist entscheidend: So gelingt die MES-Auswahl
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Herausforderungen bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten in der Fertigungsindustrie.
Unter Experten herrscht Einigkeit, dass zumindest in vielen Branchen, wie der Fertigungsindustrie, kein Unternehmen an der Digitalisierung vorbeikommen wird. Sie werden vielmehr gezwungen sein, sich dem Thema zu stellen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wie nähert man sich dem Thema am effektivsten – und vor allem: Womit fängt man am besten an, um in eine Handlung und Umsetzung zu kommen?
Wer hätte das gedacht?
Was vor einigen Jahren noch völlig utopisch schien, wird zunehmend Realität. Hätten Sie jemals darüber nachgedacht, ein elektronisches Gadget wie Amazons „Alexa“ als digitale Sprachassistentin in der Produktion einzusetzen, um z. B. Problemlösungen für den Instandhaltungsvorgang zu erhalten? Das ist bereits Realität! Zumindest bei mutigen Vorreitern. In vielen Unternehmen ist die Digitalisierung jedoch noch nicht nachhaltig angekommen. Die Auftragsbücher sind voll und warum soll man sich mit diesem schwierigen Thema auseinandersetzen?
Stellgrößen der Digitalisierung
Die Digitalisierung der Produktion bietet Fertigungsunternehmen ein sehr großes Potential sowohl an Verbesserungsmöglichkeiten als auch in der Findung von neuen Geschäftsmodellen. Oftmals scheuen sich Unternehmen momentan noch davor, ihren Digitalisierungsprozess aktiv voranzutreiben. Hierzu gibt es unzählige Studien, die diesen Zustand dokumentieren. Insbesondere im internationalen Vergleich belegt Deutschland im Ranking nicht einmal das Mittelfeld. Nach dem sogenannten Digitalisierungsfaktor liegt Deutschland insbesondere bei Forschung, Technologie, Bildung und Infrastruktur weit zurück. Eine große Schwachstelle ist der stockende Breitbandausbau. Hier ist Deutschland eines der am schlechtesten versorgten Länder in ganz Europa. Wir können somit feststellen, dass eine der wesentlichen Stellgrößen der Digitalisierung die Technik ist. Zudem sind in diesem Kontext nicht nur der dargestellte schwache Breitbandausbau, sondern auch die vorhandene Infrastruktur und die technischen Voraussetzungen in den Unternehmen mit ihren gewachsenen IT-Systemen zu nennen. Die zweite Stellgröße ist die Organisation. Keine Veränderung wird ohne eine Antwort auf die Frage der Mitarbeiter/innen „Wozu ist das notwendig?“ erfolgreich sein. Die Antwort steht im direkten Zusammenhang mit der unternehmerischen Zielsetzung für ein Projekt und dient letztlich dazu, die Organisation mit den Mitarbeiter/innen auf den Weg zur Umsetzung des Digitalisierungsprojektes zu bringen. Als dritte Stellgröße gelten schlussendlich die Prozesse des Unternehmens, die im Kontext einer ganzheitlichen Betrachtung der Wertschöpfungskette für eine Umsetzung im Rahmen einer digitalen Transformation berücksichtigt werden müssen. Dies bedeutet im Zusammenhang einer Industrie-4.0-Umsetzung auch den angestrebten Automatisierungsgrad. Welche Prozesse sind bereits weitestgehend automatisiert und wo gibt es Potential? Die Stellgrößen der Digitalisierung lassen sich damit vereinfachen auf:
(S)tellgrößen = (T)echnik + (O)rganisation + (P)rozesse – S=T+O+P
Formulierung einer klaren Zielsetzung
Wo steht das Unternehmen aktuell im Kontext der Digitalisierung und was ist eine denkbare Zielsetzung für ein Projekt? Unternehmer sollten dem Haben-Wollen-Impuls tunlichst widerstehen und nicht einfach ohne eine konkrete Bestandsaufnahme, Prozessanalyse und Zielsetzung in ihr Digitalisierungsabenteuer starten. Vielmehr ist es unabdingbar, ihre wertschöpfenden Prozesse zu betrachten und im Hinblick auf IT-unterstützende Werkzeuge zu bewerten. Das Ergebnis muss in eine definierte Zielsetzung münden, die klar beschreibt, was durch ein Projekt erreicht werden muss und welcher Nutzen für das Unternehmen generiert werden soll.
Maschinenpark analysieren und bewerten
In den meisten Fällen verfügen Firmen über heterogene Maschinenparks, die eine einheitliche Digitalisierung verkomplizieren, jedoch nicht unmöglich machen. Zunächst ist es wichtig, die technischen An-lagen, Produktionslinien etc., die Teil des Herstellungsprozesses sind, abzubilden und zu beschreiben. Diese sind letztlich in das Digitalisierungsvorhaben mit einzubeziehen. Technische Rahmenbedingen, wie etwa die Art und Weise einer Datenanbindung an die Maschinenebene, müssen genau definiert und ggf. mit Maschinenlieferanten oder Automatisierungsspezialisten geklärt werden. Es existieren heute vielfältige Möglichkeiten und zukunftsweisende Technologien, um Maschinendaten einfach zu erfassen und Anwendungen bereitzustellen. An dieser Stelle sei auf Standards, wie OPC-UA, verwiesen, die z. B. eine einheitliche Datenschnittstelle für Spritzgießmaschinen und Leitrechner in Form der Euromap 77 bieten. Softwarelösungen sollten im Sinne einer zukunftsträchtigen Investition und Lösung den OPC-UA Standard unterstützen.
Möglichkeiten der vorhandenen IT-Infrastruktur prüfen
Ähnlich wie der Maschinenpark sind die IT-Systeme der Unternehmen meist historisch gewachsen und bieten wenige Möglichkeiten für Erweiterungen. Häufig existieren viele Subsysteme, die im Laufe der Zeit entstanden sind. Um einen Datenaustausch zu gewährleisten, sind entsprechende Schnittstellen zu schaffen. Dieser Punkt birgt meist erhebliches Optimierungspotential, wenn es darum geht, die IT-Landschaft zu standardisieren und wieder administrierbar zu machen. Eventuell können viele Subsysteme durch eine hochintegrierte Lösung substituiert werden. Weiterhin gibt es heute eine Vielzahl an intelligenten Steuerungssystemen und Sensoren, die übergeordneten Systemen Informationen bereit-stellen und mit geringem Ressourcenaufwand installiert werden können. Moderne MES-Lösungen bieten modulare Ansätze, die einen schrittweisen Ausbau mit den damit verbundenen IT-Infrastrukturen ermöglichen.
Umsetzung der Strategie und Auswahl von MES-Lösungen und -Partnern
Für die Umsetzung des Digitalisierungsprojekts ist die richtige Auswahl eines ME-Systems und eines Implementierungspartners von zentraler Bedeutung. Die hierfür notwendigen Prozessschritte gliedern sich grob in folgende Stufen:
- Projekteinrichtung und Erhebung der Ist-Situation.
- Erstellung des Soll-Konzepts.
- Definition von Anforderungen und K.O.-Kriterien.
- Marktüberblick der Lösungen und Anbieter.
- Software und Partnerauswahl in drei Stufen: Grob-, Fein- und Endauswahl.
- Softwareeinführung.
Neben dem Funktionsumfang der Lösung ist insbesondere auf die Erfahrung des möglichen Partners zu achten – gekoppelt mit der notwendigen IT- und – im Idealfall – Automatisierungskompetenz. Hat nämlich der Partner nicht nur Software-Expertise, sondern bringt auch im Automatisierungsbereich vollumfängliche Kompetenz mit, so liegt der Vorteil klar auf der Hand: Unternehmen haben lediglich mit einem Partner zu tun und somit auch nur einen Ansprechpartner für ihr Digitalisierungsprojekt.