Bevor wir uns das oben genannte Geschäftsmodell zuwenden, wollen wir uns zunächst aber Einen der Big 5 anschauen. Als die Big 5 werden Apple, Facebook, Alphabet (Google), Amazon und Microsoft bezeichnet. Die Bezeichnung kommt daher, dass diese fünf Unternehmen die fünf wertvollsten, bezogen auf den Aktienwert, Firmen der Welt sind.
Schauen wir uns das Unternehmen Amazon etwas genauer an. Amazon, dass 1995 an den Markt gegangen ist, hat zunächst einen Onlineshop für Bücher entwickelt. Das Ziel von Amazon war es aber nicht langfristig Bücher über das Internet zu verkaufen, sondern eine B2C-Plattform zu entwickeln, um Verkäufer und Käufer für jegliche Art von Produkt zusammenzubringen. Amazon fungiert dabei nur als Mittler und stellt dabei Dienste zu Verfügung die aufgrund von Konsolidierungseffekten deutlich günstiger durch Amazon selbst angeboten werden können.
Was ist also notwendig für eine solche Plattform? – IT-Infrastruktur und Logistik. Beides betreibt Amazon selbst und bietet Dienstleistungen aus diesen Bereichen für seine Kunden an. Als Beispiel können Sie als Onlineshop Ihre gesamte Logistik von Amazon betreiben lassen. Amazon kann dies deutlich günstiger und effizienter durchführen, da Schwankungen innerhalb einzelner Bereiche durch die Konsolidierung mit anderen Kunden ausgeglichen werden können. Dies gilt im gleichen Maße für die IT-Infrastruktur.
Amazon bietet seit 2006 unter dem Namen Amazon Web Service (AWS) eigene Clouddienste an. Wie zu sehen ist, ist der Umsatz seit der Einführung von AWS deutlich angestiegen. Amazon hat also auf Basis des Kerngeschäftes (Onlineshop für Bücher) durch Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eine Plattform geschaffen, auf der Kunde und Verkäufer zusammengebracht werden können. Da IT-Infrastruktur ein zentraler Bestandteil dieser Plattform ist, hat Amazon auf Basis dieser Infrastruktur weitere Dienstleistungen geschaffen und neue Geschäftsmodelle entwickelt.
Amazon geht sogar einen Schritt weiter und entwickelt Technologien und Geschäftsmodelle die einen Teil des ursprünglichen Geschäftsmodells verdrängen. Amazon investiert gerade sehr viel Geld in sein Kindle Fire. Das Kindle Fire wird quasi für die Herstellkosten verkauft. Durch das Kindle Fire wird aber das ursprüngliche Geschäft, der Verkauf von gedruckten Büchern über das Internet, verdrängt. Aber es gilt frei nach Steve Jobs: „Wenn wir uns nicht kanibalisieren, kanibalisiert uns jemand anders.“ Dies hat Amazon erkannt und investiert konsequent in Zukunftstechnologien auch wenn dadurch eigene Geschäftsbereiche leiden können.
Was bedeutet dies alles nun für die Fertigungsindustrie in Deutschland?
Auch die Fertigungsindustrie steht vor großen Veränderungen. Durch die Vernetzung von Maschinen ist es möglich, ein Amazon der Fertigungsindustrie zu schaffen. Eine Plattform auf dem Verkäufer (z.B. Lohnfertiger und Kunden (z.B. Automobilindustrie) zusammengebracht werden können. Sicherlich ist diese Branche anders organisiert. Kunden haben Ihre zertifizierten Lieferanten mit unter Umständen langfristigen Verträgen. Eine solche B2B Plattform kann aber deutliche Vorteile gegenüber heutigen Geschäftsbeziehungen bringen. Vorteile sind zum Beispiel, dass der Käufer zu seinen Lieferanten nur noch eine Schnittstelle in einer IT-Infrastruktur benötigt. Durch einen schnelleren und flexibleren Wechsel von Anbietern, können günstigere Einkaufpreis erzielt und rascher auf Schwankungen reagiert werden. Natürlich benötigt es Zeit, traditionelle Geschäftsbeziehungen zu ändern, aber in einigen Branchen gibt es solche Plattformen bereits.
Ein Beispiel ist die noch junge Fertigungsbranche des 3D Drucks. Für Produkte die mit einem 3D Drucker hergestellt werden können, gibt es zum Beispiel das Portal 3Dhubs.com. Dort können Kunden digitale Abbilder Ihrer Produkte hochladen und auf einem passenden Drucker in Ihrer Nähe drucken lassen. Das Portal erzeugt aus den 3D Daten vollautomatisch die entsprechenden Programme für den ausgewählten 3D Drucker. Die gedruckten Produkte können anschließend beim Anbieter abgeholt werden oder gegen einen kleinen Aufpreis zugeschickt werden.
Eine Plattform für die zerspanende Fertigungsindustrie könnte ähnlich aufgebaut sein. Über eine Vernetzung sind die Maschinen eines Anbieters (z.B. Lohnfertiger) an die Plattform angebunden. Kunden können digitale Abbilder Ihrer Produkte hochladen und das Portal setzt diese Daten in CNC Daten für die entsprechende Maschinensteuerung um. Weiter könnte der Plattformanbieter für den Verkäufer Technologiedaten anbieten und diese ebenfalls verkaufen. Der Plattformbetreiber könnte ebenfalls Verbrauchsmaterial (z.B. Werkzeuge, Betriebsstoffe, Rohlinge) konsolidiert beschaffen, um so günstigere Preise für die angeschlossenen Verkäufer zu erzielen. Anbieter hätten ebenfalls die Möglichkeit Ihren Maschinenpark besser auszulasten. Durch die Vernetzung kann die aktuelle Auslastung in Echtzeit dargestellt werden. In Abhängigkeit der Auslastung kann der Anbieter Preise und Lieferzeit auf der Plattform automatisch anpassen um so schnell neue Aufträge zu akquirieren bzw. die Lieferzeit anzupassen.
Weiter können die Daten, die durch die Vernetzung gewonnen werden, von Maschinenherstellern ausgewertet werden, um detaillierte Informationen über die Maschinen im Feld zu erhalten. Mit Hilfe dieser Daten können die Maschinenhersteller Kenntnisse über den genauen Einsatz der Maschinen bei Ihren Kunden gewinnen. Dadurch können Wartungs-/Serviceeinsätze optimiert werden und der Absatz von After-Sales Produkten verbessert werden. Diese Daten bieten also das Potential für komplett neue Geschäftsmodelle für die Maschinenhersteller. Man könnte sogar so weit gehen, dass die Maschinen nicht mehr gekauft oder geleased werden, sondern nur noch Produktionsstunden abgerechnet werden.
Wir sind davon überzeugt, dass sich die Fertigungslandschaft mit den neuen Technologien, die im Rahmen der Digitalisierung und Industrie 4.0 entstehen, die Art und Weise wie heute in der Branche gearbeitet wird verändern wird. Erste Anwendungen gibt es schon heute und die Innovationsgeschwindigkeit wird weiter zunehmen.
Natürlich skizzieren die hier beschriebenen Ideen nur erste Schritte von möglichen Veränderungen in der Fertigungsindustrie. Wir möchten aber an dieser Stelle dafür plädieren, keine Denkverbote auszusprechen bzw. heute vielleicht revolutionär erscheinende Ideen als unmöglich abzutun. Wichtig ist, dass wir mehr denn je und ständig unser Geschäftsmodell hinterfragen. Wir müssen weiter darüber nachdenken, wie neue Geschäftsmodelle im Rahmen neuer Entwicklungen entstehen können. Und dabei dürfen keine Ideen und Modelle ausgelassen werden, die vielleicht das Bestehende überflüssig machen können.
“Ich glaube, wenn du etwas machst und es läuft gut, dann solltest du etwas anderes Wunderbares machen, bleib nicht zu lange bei einem. Denk daran, was als nächstes dran ist.” – Steve Jobs