Laut einer aktuellen Umfrage von MIT Sloan and Deloitte rechnen etwa 90 Prozent der Befragten mit einem digitalen Wandel in ihrer Branche. Doch nur 44 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen gut darauf vorbereitet ist. Fünf Tipps, wie Sie sich vorbereiten können.
Ich sprach mit zwei Größen der Branche, Eric Kavanagh, CEO von The Bloor Group, und Mala Anand, Executive Vice President von SAP Data and Insights, über Aspekte, die Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Transformation beachten sollten.
Beide haben jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung und Analyse von Unternehmenssoftware sowie im Reporting. Mit ihrem Know-how beraten sie Unternehmen bei der Wahl der richtigen Technologien, die für den geschäftlichen Erfolg heute nötig sind. Zusammengefasst lauten ihre Tipps und Anregungen wie folgt:
Geschäftsergebnisse visualisieren
Anand und Kavanagh sind überzeugt, dass es für Unternehmen wichtig ist zu verstehen, was sie verändern möchten.
„Dazu benötigen Unternehmen einen Überblick über ihre Geschäftsprozesse und -modelle. Und sie sollten in der Lage sein, die größten Spannungsfelder im Unternehmen zu identifizieren. Dies ist ein zentraler Ausgangspunkt für den digitalen Wandel“, erklärt Kavanagh.
Anand ergänzt: „Wir raten unseren Kunden dazu, die gewünschten Geschäftsergebnisse zunächst zu visualisieren. Dabei kann es sich um beliebig viele Ziele handeln. Wichtig ist, dass sie auf das Geschäft abgestimmt sind.
Nachdem die Geschäftsziele abgesteckt sind, geht es im nächsten Schritt darum, die wichtigsten Abhängigkeiten zu ermitteln – inklusive der dafür erforderlichen Daten und Prozesse. Dann folgen die Überlegungen, mit welchen Technologien sich diese Ziele erreichen lassen.“
Digitalisierung nicht auf die lange Bank schieben
Eric Kavanagh betont: „Veränderungen sind immer schwierig, doch die Alternative ist noch schlechter. Denn Unternehmen, die sich dem digitalen Wandel verschließen, werden verlieren.
Die Digitalisierung findet überall statt. Sie gleicht einem Tsunami. Anfangs ist sie wie ein unscheinbarer Wind, der allerdings jederzeit zu einem Orkan werden und alles andere in kürzester Zeit beiseite fegen kann. Nehmen wir Uber und Airbnb, die zu Branchen gehören, in denen lange keine Innovation mehr stattfand.
Seit der Einführung von Taxilizenzen und -schildern hatte sich in der Taxibranche nichts mehr verändert. Heute kann so gut wie jeder Taxifahrer sein. Uber hat jedoch bewirkt, dass Fahrgäste keine Wartezeiten mehr akzeptieren. Wer ein traditionelles Taxiunternehmen anruft und warten muss oder eine weitere Firma anrufen muss, entscheidet sich für die Uber-App, über die Taxis sofort bereitstehen.”
„Menschen lehnen Veränderungen häufig ab. Sie sind einfach zu sehr mit ihren alltäglichen Aufgaben beschäftigt. Daher müssen wir die Vorteile noch deutlicher machen, um ihre Bereitschaft zu schnellen Veränderungen zu erhöhen.”
Den richtigen Partner wählen
Mala Anand hat bei vielen großen Technologieunternehmen gearbeitet: Cisco, Oracle und nun SAP. Sie glaubt: „Letztendlich kommt es darauf an, mit einem Anbieter zusammenzuarbeiten, der die Digitalisierung versteht und ermöglichen kann, Daten und Systeme unternehmensweit zusammenzuführen.
Viele Unternehmen haben bereits umfangreich in ihre vorhandenen IT-Systeme investiert. Sie brauchen nun einen Partner, der diese Systeme schützt und die darin angesammelten Daten, Best Practices und das Unternehmenswissen zu ihrem Vorteil nutzt. Gleichzeitig benötigen Unternehmen jemanden, der digitale Anwendungsfälle entwickeln kann, die sich in diese Infrastruktur integrieren und unternehmensweit skalieren lassen, wenn die Investitionen beginnen, sich bezahlt zu machen.
Und schließlich brauchen Unternehmen einen Partner, dem sie vertrauen können. Es gibt vielfältige neue Technologien, wie zum Beispiel das Internet der Dinge,maschinelles Lernen und Blockchain. Der Partner muss diese Technologien bereitstellen, damit das Unternehmen davon profitiert. Darüber hinaus sollte der Partner über umfangreiche innovative digitale Technologien verfügen, die im Laufe der digitalen Transformation des Unternehmens mitwachsen und sich weiterentwickeln.”
Der Faktor Mensch
Eric Kavanagh betont: „Wir brauchen beim digitalen Wandel auch die menschliche Komponente. Denn unabhängig vom Grad der Automatisierung sind bei kritischen Prozessen nach wie vor Menschen involviert. So gibt es ‚Kontrollpunkte‘, an denen Anwender aktiv eingreifen und Veränderungen vornehmen können. Dadurch ist es möglich, ein bestimmtes Szenario zu beeinflussen und sicherzustellen, dass die Kunden zufrieden sind. Es treten immer Situationen auf, die von der Norm abweichen. Besteht dann die Möglichkeit für manuelle Änderungen, kann ein Mitarbeiter bei Bedarf sofort eingreifen.“
Für Mala Anand ist die menschliche Komponente im Design Thinking verankert. Mithilfe dieser Methodik können Unternehmen schwierigste Herausforderungen meistern, ohne dabei den Anwender aus dem Blick zu verlieren.
„Bei Design Thinking spielt der Anwender eine zentrale Rolle. Wenn wir uns also mit der Digitalisierung und der Anwendung von Innovation zur Lösung kritischer Probleme beschäftigen, beginnen unsere Fragen immer beim Endanwender: Wie sieht sein Tag aus, wie arbeitet er und mit welchen Mitteln kann er seine Aufgaben erfolgreich erledigen? Auf dieser Grundlage ermitteln wir anschließend, wie Technologie zur Problemlösung eingesetzt werden kann.“
Klein anfangen, groß träumen
Mala Anand und Eric Kavanagh sind sich einig, dass Unternehmen einen Anwendungsfall zunächst eindeutig identifizieren müssen. Die Skalierung erfolgt später. Ganz wichtig ist dabei, besonders die Anwendungsfälle im Auge zu behalten, die sich stark auf den Gewinn und die Verbraucher auswirken können.
Mala Anand rät dazu, „sich nicht vom Umfang der digitalen Transformation abschrecken zu lassen. Innovation lässt sich einfacher denn je in vorhandene Geschäftsprozesse integrieren. Dazu stehen modulare, offene Möglichkeiten zur Verfügung, die plattformübergreifend und mit bestehenden Partnern und Systemen skalierbar sind. Wir wissen natürlich, dass die digitale Transformation keine Einheitslösung ist. Doch wir haben gelernt, wie man Innovationen bündeln kann, damit diese Transformationen zugänglich, gut unterstützt und leicht skalierbar sind.“
Eric Kavanagh gibt ein Beispiel aus den Anfängen der Digitalisierung, als bescheidene Anfänge zu großen Erfolgen führen konnten. „Anfang der 1980er Jahre sprach ich mit einem Russen. Er war Student und Besitzer einer kleinen Baufirma, als das Internet gerade Laufen lernte. Er nutzte das Internet, um sich landesweit über aktuelle Preise von Baumaterial zu informieren, und begann, mit Rohstoffen zu handeln. Mit 25 Jahren hatte er bereits ein Eigenkapital von 25 Millionen US-Dollar. Seine frühzeitige Nutzung digitaler Innovation veränderte sein Leben.“